Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Einklang – So senken Sie Ihren ökologischen Fußabdruck
Veröffentlicht am 8. November 2024
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Seit COVID-19 erkennen immer mehr öffentliche und private Organisationen, wie sehr der digitale Sektor ihren ökologischen Fußabdruck beeinflusst. Doch welche zentralen Herausforderungen, Fragestellungen und Aspekte gilt es zu beachten, um einen Weg zur Reduktioneinzuschlagen?
Klimaziele im Fokus: Der internationale Druck für Emissionsreduktionen wächst
Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens wächst der Druck auf den IT-Sektor, seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten. Laut der Science Based Targets Initiative (SBTi) muss der digitale Sektor seine Emissionen von 2020 bis 2030 um 45–62 % senken, um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Viele Entscheidungsträger sind sich jedoch nicht des Ausmaßes dieser Herausforderung bewusst, und die rasante Entwicklung von Technologien wie Künstlicher Intelligenz treibt den CO₂-Ausstoß weiter in die Höhe – und erschwert so das Erreichen der Klimaziele zusätzlich. Die Dringlichkeit zu handeln wird durch alarmierende Zahlen unterstrichen: Die Digitalisierung ist heute für 2 bis 4 % der weltweiten Emissionen verantwortlich – mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2–7 %.
Diese Herausforderungen zur Emissionsreduktion sind erheblich und leider noch immer viel zu wenig bei IT-Entscheidungsträger:innen in den Unternehmen bekannt – obwohl der Druck zunehmend steigt.
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2-7% ist die Wachstumsrate der jährlichen Emissionen des IT-Sektors
Strukturelle Herausforderungen im digitalen Sektor
Neben den Klimafragen ist auch die Ressourcenschonung im digitalen Bereich wichtig, um Spannungen in anderen ökologischen Bereichen zu mildern:
Die ökologische Transformation erfordert einen starken Anstieg des Metallabbaus (vor allem durch die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen). Da auch digitale Technologien Metalle benötigen, trägt Ressourcenschonung dazu bei, künftige Nutzungskonflikte zu verringern.
Nutzungskonflikte werden bereits deutlich, sowohl in der Herstellung digitaler Geräte (z.B. Dürreperioden 2021 und 2022 in Taiwan) als auch im Betrieb von Rechenzentren (z.B. der Wasserverbrauch eines Microsoft-Rechenzentrums, der im Sommer 2022 in den Niederlanden Schlagzeilen machte).
Die wichtigste Schlussfolgerung lautet daher: Die Lebensdauer digitaler Geräte sollte so weit wie möglich verlängert und der Bau neuer Geräte auf ein Minimum reduziert werden, um Ressourcen zu schonen.
Druck aus allen Richtungen
In diesem Kontext stehen Organisationen und ihre IT-Abteilungen, insbesondere in Europa und Großbritannien, vor fünf zentralen Treibern und Spannungsfeldern:
Immer konkretere Nachhaltigkeitsanforderungen werden gesetzlich vorgeschrieben, insbesondere in der EU. Ein Beispiel hierfür ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen verpflichtet, eine Vielzahl von Nachhaltigkeitsthemen zu berichten, einschließlich der Scope-3-Emissionen (siehe Abbildung 1), auf die ein erheblicher Teil des IT-Fußabdrucks entfällt.
Eine weitere wichtige Verordnung ist das EU-Klimagesetz, das eine Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen auf null bis 2050 vorschreibt. Zudem fördert die EU-Taxonomie-Verordnung nachhaltige Investitionen und verpflichtet Unternehmen, darzulegen, wie umweltfreundlich ihre wirtschaftlichen Aktivitäten sind.
Die Energieeffizienzrichtlinie (EED) schreibt außerdem Energieeinsparungen in verschiedenen Sektoren vor, einschließlich der IT-Branche. Dieser rechtliche Rahmen setzt die IT-Branche unter Druck, nachhaltigere Praktiken zu entwickeln und umzusetzen.
Dieses Thema hat zunehmend an Bedeutung gewonnen, da Unternehmen verstärkt auf nachhaltige Beschaffungsstrategien setzen. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Dekarbonisierungs-Roadmaps, die speziell auf die Beschaffung, einschließlich IT-Dienstleistungen, zugeschnitten sind.
Diese Strategien zielen darauf ab, CO₂-Emissionen entlang der gesamten Lieferkette zu reduzieren und spielen eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele. Die Beschaffung ist dabei der Schlüssel, um umweltfreundliche Lieferanten auszuwählen und nachhaltige Praktiken im gesamten Beschaffungsprozess zu integrieren.
CIOs stehen vor der Herausforderung, trotz des Transformationsdrucks kosteneffizient zu bleiben: Die Gartner-Umfrage 2024 für CIOs und Technologie-Executives prognostiziert eine Erhöhung der IT-Budgets um nur 2,4 % bis 5,2 %, was kaum über den erwarteten Inflationsraten von 2,4 % bis 7,4 % liegt. Diese Situation erfordert einen verstärkten Fokus auf Effizienz und Innovation im IT-Sektor.
Kaufentscheidungen in Unternehmen werden zunehmend davon beeinflusst, wie „grün“ ein Unternehmen ist. Laut dem Wavestone CSR Barometer 2024 geben 88 % der Unternehmen an, dass ihre CSR-Strategie von ihren Kunden beeinflusst wird. In Frankreich beispielsweise würden 53 % der 18- bis 24-Jährigen eine Marke wählen, die sich für Umweltschutz engagiert (Altersgruppenübergreifend 43 %). Dieser Druck erzeugt eine Kettenreaktion innerhalb des Unternehmens, der auch die IT-Abteilungen beeinflusst.
Im intensiven Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte stellt Nachhaltigkeit einen echten Wettbewerbsvorteil für IT-Abteilungen dar: Immer mehr Menschen, insbesondere der Generation Z, suchen nach Sinn in ihrer Karriere, wobei Klimaneutralität und zukunftsorientiertes Denken entscheidende Faktoren sind.
Wichtige Begriffe im Überblick
Mit einer klaren Strategie zu mehr Nachhaltigkeit in der IT
Angesichts wachsender Anforderungen haben IT-Abteilungen keine Wahl und müssen eine proaktive Haltung in Bezug auf Nachhaltigkeit einnehmen. Green IT, auch als digitale Bescheidenheit bezeichnet, zielt darauf ab, den ökologischen Fußabdruck digitaler Technologien zu minimieren, indem der Energieverbrauch gesenkt, die Lebensdauer von IT-Geräten verlängert und nachhaltige Praktiken über den gesamten IT-Lebenszyklus hinweg gefördert werden. Dieser Ansatz fördert eine Kultur des ressourcenbewussten Handelns, die technologischen Fortschritt mit ökologischer Verantwortung in Einklang bringt.
Obwohl es eine Herausforderung sein kann, diesen Einfluss zu quantifizieren, zeigt die Forschung von Wavestone, dass Unternehmen, die umfassende Strategien umsetzen, ihren digitalen CO₂-Fußabdruck in drei Jahren um 10-20 % reduzieren können. Um sowohl kurzfristige gesetzliche Anforderungen als auch langfristige Umweltziele zu erfüllen, ist eine strukturierte Green IT-Roadmap unerlässlich. Diese liefert klare Maßnahmen, um Nachhaltigkeit in die IT-Betriebsabläufe zu integrieren und messbare Emissionsreduktionen zu erzielen.
Nachhaltigkeit in der IT: Die sechs Bausteine einer erfolgreichen Strategie
Mit der zunehmenden Entwicklung von CSR-Strategien (Corporate Social Responsibility) wird es immer wichtiger, Green IT in diese übergeordneten Ziele zu integrieren. Der Fahrplan für ressourcenschonendes Verhalten umfasst sechs Hauptbereiche, wie in Abbildung 2 dargestellt:
Es ist entscheidend, den ökologischen Fußabdruck der Digitalisierung vollständig zu messen und Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Dafür existieren effiziente und skalierbare Automatisierungstools, beispielsweise in Form von SaaS-Lösungen (Software as a Service).
Damit diese Transformation erfolgreich umgesetzt werden kann, muss sie durch das IT-Management (idealerweise auf COMEX-Ebene) unterstützt werden. Beispielsweise könnte ein Digital-Sobriety-Officer ernannt werden, der regelmäßige Updates und umfassende Messungen sicherstellt.
Die Reduzierung der Umweltbelastung durch IT beginnt bei den Endgeräten. Entgegen weit verbreiteter Annahmen machen Endgeräte wie Laptops, Smartphones und Monitore 65-90% des digitalen CO₂-Fußabdrucks aus – weit mehr als Rechenzentren.
Dies lässt sich durch verschiedene Faktoren erklären: Die durchschnittliche Lebensdauer von Endgeräten in Unternehmen beträgt heutzutage ca. 5 Jahre. Weltweit gibt es rund 34 Milliarden Endgeräte für 4,1 Milliarden Nutzer:innen, was auf einen erheblichen Überschuss hinweist (Quelle: https://wwa.wavestone.com/en/insight/top_finops_tactics/).
Die Verlängerung der Lebensdauer dieser Geräte ist entscheidend für sofortige Emissionsreduktionen. Die Wiederaufbereitung und Refurbishment von Geräten anstelle ihrer Entsorgung als Elektroschrott (WEEE) kann die Emissionen erheblich verringern.
Dies ist besonders wichtig, da das Recycling digitaler Geräte aufgrund der geringen Metallkonzentration und der Schwierigkeit, Legierungen zu recyceln, sehr begrenzt ist. Unternehmen können auch Programme einführen, um ältere Computer und Smartphones an Mitarbeiter weiterzugeben oder zu verkaufen, anstatt sie zu entsorgen.
Um Nachhaltigkeit zu fördern, sollten IT-Beschaffungsverträge Green IT- und CSR-Kriterien in Ausschreibungen aufnehmen, wobei diesen Kriterien ein signifikanter Anteil zugewiesen wird – mindestens 15%, idealerweise über 20%. CSR- und Dekarbonisierungsaspekte sollten in strategische Geschäftsbeziehungen und Vertragsklauseln.
Das Öko-Design von Services, die den Mitarbeitenden und Kunden zur Verfügung stehen, ist notwendig, um den ökologischen Fußabdruck mittel- bis langfristig zu reduzieren und Ressourcen entlang der gesamten Lieferkette zu optimieren. Die Umsetzung von Öko-Design ermöglicht es, den Einsatz von Geräten, Netzwerken und Rechenzentren zu optimieren und unnötige Anforderungen zu vermeiden.
Diese weitreichende Veränderung betrifft sowohl die IT-Abteilung als auch die Fachabteilungen und erfordert einen erheblichen Veränderungsprozess. Alle Projektbeteiligten – von Designer:innen und Entwickle:innen bis hin zu Lieferanten, Architekt:innen, Projektmanager:innen und Betreibern – müssen einbezogen und geschult werden, wie sie Öko-Design in ihren Arbeitsalltag integrieren können.
Der Bereich Infrastruktur umfasst die optimale Nutzung von IT-Infrastruktur und Rechenzentren sowie die Verbesserung der Flexibilität von Services. Wichtige Maßnahmen beinhalten die Verbesserung der Power Usage Effectiveness (PUE), die Verlängerung der Lebensdauer von IT-Geräten in Rechenzentren und die Erhöhung der gemeinsamen Nutzung von IT-Infrastruktur.
Der geografische Standort von Rechenzentren ist ebenfalls entscheidend; sie sollten in Regionen mit den geringsten möglichen Emissionen aus dem Energiemix angesiedelt werden. Zudem kann die Implementierung von GreenOps-Praktiken den Energieverbrauch und die Emissionen durch eine effizientere Nutzung von IT-Ressourcen erheblich reduzieren. Cloud-Service-Provider spielen hier eine Schlüsselrolle und sollten Unternehmen dabei unterstützen, die beste Strategie zu wählen.
Ein in der Unternehmenskultur verankertes Bewusstsein ist entscheidend für den Erfolg. Das bedeutet, dass alle Mitarbeitende eines Unternehmens sensibilisiert werden müssen, ihr Verhalten anzupassen und aktiv zur Effizienz der Emissionen beizutragen. Dies sollte eine gemeinsame Anstrengung zwischen CSR-Teams und IT-Abteilungen sein. Einerseits müssen alle Mitarbeitenden verstehen, warum digitale Bescheidenheit wichtig ist und wie sie zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks in ihrem Alltag beitragen können.
Dazu sind Sensibilisierungsprogramme wie „Digital Collage“ sowie Schulungsmaßnahmen erforderlich, die nachhaltige Praktiken vermitteln. Andererseits ist es ebenso wichtig, dass alle IT-Beteiligten innerhalb der IT-Abteilung – einschließlich IT-Einkäufer:innen, Entwickler:innen, Architekt:innen und Projektmanager:innen – gezielte Schulungen erhalten. Diese Schulungen sollten IT-spezifische Themen ansprechen, wie die Integration von Green-IT-Kriterien in den Beschaffungsprozess oder die Optimierung der IT-Infrastruktur.
Neben allgemeinen Schulungen können spezialisierte Angebote wie MOOCs, spezielle Workshops und Zertifizierungen zu digitaler Bescheidenheit helfen, Fachwissen aufzubauen und konkrete Handlungsanweisungen zu geben. Umfassende Sensibilisierung und Schulung auf beiden Ebenen – unternehmensweit und innerhalb der IT-Abteilungen – sind entscheidend, um eine nachhaltige Veränderung der Unternehmenskultur zu bewirken und die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen.
Green IT: Zwischen den Anforderungen von heute und der nachhaltigen Innovation von morgen
Green IT, oder digitale Bescheidenheit, ist ein entscheidender Bestandteil der Reaktion des IT-Sektors auf den Klimawandel. Durch die Einführung eines strategischen Ansatzes und die Verankerung von Nachhaltigkeit in den IT-Betriebsabläufen können Organisationen nicht nur ihren CO₂-Fußabdruck verringern, sondern auch regulatorische Anforderungen erfüllen, die Erwartungen von Verbrauchern und Talenten befriedigen und die Kosteneffizienz steigern. Eine gut strukturierte Green-IT-Roadmap, die auf Governance, nachhaltiges Beschaffungswesen, Öko-Design, Infrastruktur und kulturellen Veränderungen fokussiert, gewährleistet einen bedeutenden Fortschritt hin zu einer nachhaltigeren IT-Landschaft.
Dieser Weg wirft jedoch auch eine breitere Frage auf: Kann die IT weiterhin Innovationen vorantreiben und ihren Beitrag zu einer globalen Wende hin zur Nachhaltigkeit leisten? Mit der Weiterentwicklung der Technologie könnte das Potenzial der IT, einen nachhaltigen und wirkungsvollen Wandel in der Umweltverantwortung herbeizuführen, auch das Erbe des Sektors prägen, um eine nachhaltige Zukunft zu schaffen. Konkreter sollten „IT for Green“-Anwendungsfälle gegenüber anderen digitalen Anwendungsfällen priorisiert werden, wobei gleichzeitig die absolute Reduktion der Treibhausgasemissionen aus digitaler Technologie weltweit respektiert wird. Ein Thema, das sicherlich in einem Folgeartikel vertieft werden sollte.
Im Zuge der technologischen Entwicklung könnte die Fähigkeit der IT, dauerhafte und signifikante Veränderungen in der Umweltverantwortung zu bewirken, auch die Zukunft des Sektors beim Aufbau einer nachhaltigen Zukunft bestimmen.
verfasst von:
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Benoit Durand
Senior Manager – Frankreich, Nantes
Wavestone
LinkedIn -
Christian Hildebrandt
Associate Partner – Deutschland, München
Wavestone
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Marta Koscielak
Manager – Vereinigtes Königreich, London
Wavestone