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Intermodale Transportketten: Transporte klimaneutral und digital gestalten 

Veröffentlicht am 13. April 2024

  • Business Software Entwicklung
  • Nachhaltigkeit
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  • Supply Chain

Der Klimawandel und die Maßnahmen, die zu dessen Eindämmung ergriffen werden, erhöhen auch den Druck auf die Transportbranche, ihre Transportketten möglichst emissionsfrei zu gestalten. In diesem Kontext wird der kombinierte Verkehr und intermodale Transportketten mit einem starken Fokus auf den Schienengütertransport als eine der besten Möglichkeiten gepriesen, dieses Ziel zu erreichen. 

Doch wie kommen die Güter auf die Schiene und wie werden effizientere und umweltfreundlichere intermodale Transportketten geschaffen? 

Güterverkehr auf der Schiene – die Herausforderung der ersten und letzten Meile

Manche Unternehmen besitzen entweder historisch bedingt oder wegen ihres hohen Transportvolumens einen eigenen Bahnanschluss, wie es heute etwa in der verarbeitenden Industrie mit Kesselwagentransporten von Mineralöl oder auch bei Schüttgütern wie Kohle und Erz üblich ist. Für diese Unternehmen ist ein direkter Versand und Empfang von Gütern über die Schiene abbildbar. Für die große Masse der Verlader und Empfänger ist dies jedoch nicht möglich, da ein eigener Gleisanschluss entweder nicht wirtschaftlich ist, weil zum Beispiel das Transportvolumen dies nicht rechtfertigt, oder es physisch nicht möglich ist, einen Gleisanschluss zu bauen. 

Für all diese Verlader kommen Anlieferung und Abholung deshalb häufig nur per Lkw in Frage. Oftmals erfolgt dann der gesamte Transport zum Zielort auf der Straße, sei es aufgrund mangelnden Wissens darüber, wie eine effiziente intermodale Transportkette organisiert und durchgeführt werden kann, oder aufgrund der günstigeren wirtschaftlichen Bedingungen, die durch durchgängigen Lkw-Transport geboten werden. In Zeiten von Diesel-Lastkraftwagen ist dies allerdings das genaue Gegenteil von emissionsfreiem Transport. 

Intermodale Transportketten: Kombination von Straße und Schiene zur nachhaltigen Güterbeförderung

Die Lösung für die Reduktion von Treibhausgasen liegt in der Kombination unterschiedlicher Verkehrsträger. Dabei geht es in erster Linie um die kombinierte Nutzung von Straße und Schiene für den Transport, dem sogenannten intermodalen Verkehr. Eine klassische intermodale Transportkette ist es, wenn Container per Seeschiff aus Übersee angeliefert werden, auf der Schiene weiter transportiert und dann per Lkw dem Empfänger zugestellt werden. 

Bei der Kombination von Straße und Schiene wird häufig der erste und letzte Transportabschnitt (die sogenannte erste und letzte Meile), also die Abholung und Anlieferung der Güter, auf der Straße abgewickelt, während die Hauptstrecke des Transports auf dem umweltfreundlicheren, weil energieeffizienteren Transportmittel Eisenbahn erfolgt. Dafür werden Güter auf kranbaren Ladeeinheiten (wie Wechselbrücken oder Containern) vom Versandort per Lkw zu einem Umschlagsterminal gebracht. Dort werden die Güter dann auf einen Zug verladen und mit diesem möglichst nah an den Zielort transportiert. Ab dort wird dann der letzte Abschnitt der Reise bis zum Empfänger wieder mit dem Lkw abgewickelt. Das geht theoretisch auch mit anderen Ladeeinheiten, wie Sattelaufliegern. Diese sind jedoch zum Großteil nicht kranbar, das heißt, sie können nicht angehoben und auf den Zug verladen werden. Hier haben sich in den letzten Jahren jedoch viele alternative technische Lösungen entwickelt, die es ermöglichen, auch diese Anhänger auf einen Zug zu verladen. 

Die Möglichkeiten, mehr Güter physisch auf der Schiene zu transportieren, steigen also durch intermodale Transportketten. Doch wie groß sind die Potenziale von intermodalen Transportketten und begünstigen digitale Werkzeuge die Förderung intermodaler Transportketten?

Enormes Potenzial für intermodale Transportketten: 70 % der Transporte erfolgt auf der Straße

Misst man die Transportleistung in Deutschland auf Basis der Menge in Tonnen und der zurückgelegten Entfernung in Kilometern (Tonnenkilometer), so werden laut Allianz pro Schiene nur knapp 20 % der Transportleistung auf der Schiene erbracht, über 70 % jedoch auf der Straße. Das zeigt das enorme Potenzial, den umweltfreundlicheren Schienengüterverkehr stärker als es aktuell der Fall ist in die Lieferketten zu involvieren. Dazu müssen Verlader dazu gebracht werden, ihre Gütertransporte mit möglichst hohem Anteil auf der Schiene realisieren zu wollen und die Spediteure dazu bewegt werden, verstärkt Schienentransporte anzubieten. 

Bild: Anteile der Verkehrsträgern am Güterverkehr (Quelle: Allianz pro Schiene, 06/2023, auf Basis von Bundesnetzagentur) 

Ein bereits heute erfolgreiches Modell für intermodale Transportketten sind beispielsweise die sogenannten Hafen-Hinterland-Verkehre. In diesen Fällen werden Container mit ähnlichen Transportzielen am Zielhafen vom Seeschiff auf Züge verladen und dann – sofern der Empfänger einen Gleisanschluss besitzt – direkt per Schiene zum Zielort gebracht. Alternativ werden die Güter dem Empfänger im letzten Transportabschnitt mit einem Lkw zugestellt.  

Den Wechsel von der Straße auf die Schiene mit digitalen Lösungen beschleunigen

Wie können nun mehr Güter auf die Schiene gebracht werden? Es gibt eine Reihe von Hebel, um den Schienengütertransport stärker in die Transportketten zu integrieren. Dazu gehören zum Beispiel die wettbewerbsfähigeren Preise der intermodalen Transportkette verglichen zum reinen Straßentransport oder auch die größeren Kapazitäten auf der Schiene. Aber auch die höhere Markttransparenz und eine möglichst einfache Transportabwicklung tragen zur Erreichung dieses Ziels bei. Sind für die ersten beiden Lösungsansätze vor allem Politik und Infrastrukturbetreiber gefragt, spielen für die Markttransparenz und die einfachere Transportabwicklung digitale Lösungen eine wesentliche Rolle. 

Die Markttransparenz, die aufzeigt, welche Anbieter es für Straße und Schiene überhaupt gibt und welche dann auch noch gemeinsam eine durchgängige Transportkette anbieten, ist nur sehr schwer herstellbar, weil es sehr viele Unternehmen auf dem Markt gibt. Mittlerweile entwickeln sich aber immer mehr Unternehmen, die begonnen haben, eben diese Transportketten mit deren Anbietern auf Plattformen abzubilden und dort für den Verlader oder Spediteur buchbar zu machen. Dies hilft zum einen den Verladern dabei, leichter Anbieter zu finden, zum anderen können auch Spediteure nach weiteren Transportunternehmen suchen, um für ihre Kunden ein optimales Angebot entwickeln zu können. 

Intermodale Transportketten: Transporte klimaneutral und digital gestalten für einfache Transportabwicklung 

Die einfache Transportabwicklung trägt ebenfalls dazu bei, mehr Güter auf die Schiene zu bekommen. Zu einer einfachen Transportabwicklung gehört, dass neben der Auftragserteilung auch Dienstleistungen wie das Dokumentenmanagement (zum Beispiel zur Bereitstellung der Versandbegleitpapiere), Unterstützung bei der Zollabwicklung oder Tracking und Tracing angeboten werden. Der Abschluss von Transportversicherungen oder auch die transparente Abwicklung von Schadensfällen gehört ebenso dazu wie die Abrechnung der Transporte. 

Um die beiden letztgenannten Hebel zu nutzen, ist die Integration von Plattformlösungen in das eigene IT-System des Verladers und des Spediteurs empfehlenswert. Dies hilft, administrative Aufwände zu reduzieren und eine möglichst durchgängige Informationskette abzubilden, die alle am Transport Beteiligten schnell informiert und möglichst unkomplizierte Reaktionen auf Ereignisse ermöglicht. Ein Beispiel ist die Anbindung des Transportmanagementsystems eines Spediteurs an eine Transportplattform, um die vom Verlader beauftragten Transporte oder freie Frachtkapazitäten direkt auf der Transportplattform anbieten zu können. Auch die Übertragung der Frachtdaten in das eigene Abrechnungssystem minimiert den administrativen Aufwand des Dienstleisters und erhöht so die Wettbewerbsfähigkeit. 

Nachhaltigkeit durch intermodale Transportketten erfordert digitale Lösungen

Klar ist, dass der Druck auf nachhaltige Transporte wachsen wird. Sei es, weil Verlader ihren CO2-Fußabdruck aus eigener Motivation reduzieren wollen, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern bestehen zu können, oder weil die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft und zum Beispiel CO2-Zertifikate preislich anhebt. Letzteres verteuert wiederum den Transport mit fossilen Kraftstoffen und erhöht somit die Attraktivität von intermodalen Transportketten. Gerade in Kombination mit einer der fortschreitenden Digitalisierung und neuen Akteuren mit digitalen Lösungen im Transportmarkt, steigt der Druck auf traditionelle Transportdienstleister zusätzlich., Sie müssen sich den neuen Möglichkeiten zu öffnen und als Anbieter oder Nachfrager am Markt für intermodale Transportketten teilzunehmen. Dabei stehen die beschriebenen digitalen Lösungen allen Marktteilnehmern zur Verfügung. Es wird also die Frage sein, wer schnell genug ist und somit den digitalen Wandel im Transportsektor rechtzeitig beschreitet, um damit so bessere Angebote und Services im Bereich der intermodalen Transportketten unter ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten zu schaffen. 

Verfasst von:

  • Dr. Isabella Geis

    Associate Partner – Deutschland, Frankfurt am Main

    Wavestone

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