Menschen & Resilienz: die Entwicklung Ihrer Resilienzkultur
Veröffentlicht am 15. Mai 2024
- Compliance & Resilienz
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„Unternehmenskultur“ … wird oft als treibende Kraft für die Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitenden genannt und wurde auch von den Unternehmen als Faktor gepriesen, der half, mit den Unsicherheiten während der Pandemie umzugehen und für eine starke Führung, gute Beziehungen und anpassungsfähige Mitarbeitende sorgte. Wie können Unternehmen die Unternehmenskultur zu einem Asset zur Bewältigung von Krisen machen? Dieser Artikel untersucht das Konzept der Resilienzkultur und liefert Erkenntnisse dazu, wie sie sich entwickeln, messen/beurteilen und verbessern lässt, um Ihre Fähigkeit zur Reaktion auf Krisen zu stärken.
Warum eine Resilienzkultur?
Die Regulierungsbehörden für Finanzdienstleistungen des Vereinigten Königreichs (Bank of England, PRA, FCA) definieren operative Resilienz als „die Fähigkeit von Unternehmen und des Finanzsektors als Ganzes zur Verhinderung von, Anpassung an, Reaktion auf, Wiederherstellung nach und zum Lernen aus Betriebsunterbrechungen“. Zur Steigerung ihrer Resilienz müssen Unternehmen ihre kritischen Dienste und das für ihre Kunden, sie selbst und den Markt tolerierbare Maß an Unterbrechungen dieser Dienste ermitteln. Sie müssen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die kritischen Dienste immer verfügbar sind, was auch passiert. Das ist der Kern von „Resilienz by Design“.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Umdenken erforderlich: Als Unternehmen müssen Sie immer für den Worst Case planen, Risiken können niemals vollständig ausgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass in den entscheidenden operativen Resilienzbereichen (Vorfall- und Krisenmanagement, Cyberabwehr, IT-Wiederherstellung, Betriebs- und IT-Kontinuität, Third-Party-Resilienz, Betriebsrisikomanagement) die richtigen Fähigkeiten vorhanden sein müssen, aber es muss auch sichergestellt werden, dass das Konzept auf individueller Ebene umgesetzt wird und sich die Menschen in Ihrem Unternehmen resilient verhalten. Damit die Beschäftigten resilient sind, müssen Sie eine „Resilienzkultur“ fördern: eine Reihe von Werten, Überzeugungen und Verhaltensweisen, die resiliente Personen hervorbringen.
Wir machen die Resilienz eines Beschäftigten anhand von 7 Eigenschaften fest:
Kreativ und innovativ – passt sich an Veränderungen an, schlägt Neues vor
Ergebnisorientiert – ist auf das Ergebnis für den Kunden konzentriert und entwickelt alternative Lösungen bei einem Ausfall
Agile Arbeitsweise – ist in der Lage, von überall und unter sämtlichen Umständen positive Ergebnisse zu liefern
Teamplayer – trägt das gemeinsame Projekt mit – folgt den Entscheidungen des Unternehmens und unterstützt diese nach Kräften
Transparent – ist in der Lage, Risiken, Probleme und Fehler anzuerkennen und zu kommunizieren
Eigenverantwortlich und proaktiv – zeigt Initiative und benötigt kein Micromanagement
Herausforderer – stellt immer den Status quo in Frage, denkt darüber nach, was anders oder besser gemacht werden kann
Entwicklung einer Resilienzkultur und Anstoß von positiven Veränderungen
Wavestone empfiehlt die folgenden vier Schritte zur Entwicklung einer Resilienzkultur und zur Förderung von positiven Veränderungen:
Schritt 1: Identifizieren Sie den Kern Ihrer Resilienzkultur
Zur Entwicklung einer Resilienzkultur, die zur DNA Ihres Unternehmens passt, müssen Sie zunächst die Grundlagen einer solchen Kultur in Ihren Unternehmenswerten ausmachen. Wie machen diese Werte Sie resilienter und wie helfen sie Ihnen in einer Krise? Beispielsweise bedeutet „Wagemut“ als Wert, dass Sie die Beschäftigten ermutigen, proaktiv zu sein, um die Ecke zu denken und schnelle Entscheidungen zu treffen – all dies ist in einer Krise hilfreich. Diese Übertragung Ihrer Werte in Resilienzergebnisse macht es leichter, Resilienz in Ihrem Unternehmen zu verankern. Dies sollte mit drei Erfolgsvoraussetzungen einhergehen, die den Kern Ihrer Resilienzkultur bilden müssen: Zusammengehörigkeitsgefühl, flexible Denkweise sowie transparente und häufige Kommunikation im Unternehmen.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für diesen Kulturwandel ist, dass die Geschäftsleitung die Initiative vorantreibt und unterstützt. Ihr kommt bei der Festlegung der Vision für die angestrebte Kultur eine Schlüsselrolle zu, indem sie den Wandel verkörpert und die Richtung vorgibt.
Schritt 2: Definieren Sie die Verhaltensweisen, die Sie fördern möchten
Nach den Werten und den Erfolgsvoraussetzungen ist der nächste Schritt die Formulierung von klaren und maßgeschneiderten Verhaltensweisen für die Beschäftigten, für das Management und in den Beziehungen zu externen Akteuren und Partnern, die Sie fördern wollen. Wenn Sie beispielsweise die „Transparenz“ der Beschäftigten stärken möchten, müssen Sie ein Verhalten fördern, das der Devise folgt: „Wenn ich Risiken, Probleme oder Fehler feststelle, kann ich sie eingestehen und kommunizieren, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen“. Bei Managern hingegen gilt es, Verhalten nach der folgenden Devise zu fördern: „Ich höre Beschäftigten, die von Risiken, Problemen oder Fehlern berichten, zu und ermutige sie, dies zu tun, indem ich nicht dem Nachrichtenüberbringer die Schuld zuschiebe“.
Sie sollten mehrere Verhaltensstufen festlegen, da nicht alle in Ihrem Unternehmen den gleichen Reifegrad in Sachen Resilienz haben. Wir haben bezogen auf Resilienz vier Reifegrade aus individueller Sicht identifiziert, die zur Entwicklung einer Resilienzkultur auf Unternehmensebene beitragen:
- Stufe 1 – Wissen: „Ich kenne die guten Praktiken und Eigenschaften von Resilienz und versuche, sie anzuwenden.“ Diese Beschäftigten verstehen das Konzept Resilienz und wissen, was von ihnen erwartet wird.
- Stufe 2 – Verständnis: „Ich weiß, wie ich mein Wissen über Resilienz im Krisenfall anwenden kann.“ Diese Beschäftigten kennen die verschiedenen Richtlinien, Verfahrensweisen und Regelungen des Unternehmens sowie die Schritte, die im Krisenfall umzusetzen sind.
- Stufe 3 – Anwendung: „Ich verhalte mich bei meiner täglichen Arbeit wie ein resilienter Mensch.“ Diese Beschäftigten sind in der Lage, in ihrer Arbeitsumgebung täglich die Theorie in die Praxis umzusetzen: Sie verkörpern die besten Praktiken.
- Stufe 4 – Einfluss: „Ich bin ein Verfechter der Resilienzkultur und agiere als Vorbild, um die richtigen Verhaltensweisen zu verbreiten.” Diese Beschäftigten sind in der Lage, ihr Wissen an andere weiterzugeben und sie bei der Aneignung der richtigen Verhaltensweisen und Automatismen anzuleiten. Sie können auch neue Ideen vorschlagen und den Status quo in Frage stellen, um die Resilienzprozesse zu verbessern. Verfechter können einen informellen Status haben oder Teil einer offiziellen Botschafter-Community im Unternehmen zur Förderung der Resilienzkultur sein.
Diese Verhaltensstufen können dann in Personalprozesse integriert und in die beruflichen Entwicklungsziele der Beschäftigten aufgenommen werden. So wird sichergestellt, dass sie in konkrete Maßnahmen münden und die Beschäftigten einen Anreiz haben, die nächste Stufe zu erreichen.
Schritt 3: Entwickeln Sie konkrete Fähigkeiten zur Förderung dieser Verhaltensweisen
Sie sollten konkrete Maßnahmen zur Förderung von resilienten Verhaltensweisen umsetzen, damit die Beschäftigten höhere Reifegrade erreichen können. Wir unterscheiden zwei Arten von Maßnahmen: Maßnahmen zur Entwicklung von resilienten Verhaltensweisen (Schulung, Kommunikation, agile Arbeitsweise usw.) und Maßnahmen zum Testen dieser Verhaltensweisen (Umfragen, Übungen usw.).
Die spezifischen Maßnahmen verändern sich je nachdem, welche Stufe des Reifegrads gefördert werden soll:
Reifegrade | Fördermaßnahmen | Testmaßnahmen |
---|---|---|
Wissen |
Weitergabe von Informationen von oben nach unten (z. B. Mitteilungen, Newsletter, Town Hall Meetings) |
Pulsbefragungen oder Tests mit offenen oder geschlossenen Fragen |
Verständnis |
Schulung & Bewusstseinsbildung (z. B. interaktive Schulungen oder spielerische Schulungen) |
Konkrete Situationen (z. B. Escape Games und Rollenspiele) |
Anwendung |
Echte Berufserfahrung (z. B. Krisensimulationen) |
Externes Feedback von Kunden (z. B. Kundenzufriedenheitsbefragungen) |
Einfluss |
Kanäle, über die Erfolgsgeschichten über gute Verhaltensweisen geteilt werden können |
Outputs dieser Kanäle (z. B. Ideen, Erfolgsgeschichten, Veranstaltungen zum Wissensaustausch) |
Um die Entwicklung neuer Fähigkeiten zu beschleunigen, können Sie Technologien einsetzen, denn es gibt auf dem Markt zahlreiche Tools zur Förderung und Beschleunigung von kulturellem Wandel: spielerische Schulungen, Mikrolernen, Mini-Umfragen, kollaborative Anerkennung usw.
Schritt 4: Messen Sie den Reifegrad dieser Fähigkeiten und ergreifen Sie positive Maßnahmen
Bei der Entwicklung von Resilienzfähigkeiten sollten Sie immer an Kennzahlen zur Messung ihrer Reife und ihres Beitrags zur Resilienz insgesamt denken. Im Falle der Kultur lässt sich der Reifegrad der Fähigkeiten anhand der unterstützten Verhaltensstufen – von Wissen bis Einfluss – sowie durch quantitative und qualitative Ergebnisse von Tests, Simulationen und Feedback bestimmen.
Die Kultur muss als einer der wesentlichen operativen Bereiche, die zur Resilienz beitragen, wie Vorfall- und Krisenmanagement, Cyberabwehr, IT-Wiederherstellung, Betriebs- und IT-Kontinuität, Third-Party-Resilienz und Betriebsrisikomanagement, in Ihre Resilienz-MI integriert werden. Jede Kulturfähigkeit muss einen Reifegrad haben, der ebenso ausgedrückt wird wie der Reifegrad aller übrigen Fähigkeiten, und muss den spezifischen Bedrohungen zugeordnet werden, zu deren Bekämpfung sie beiträgt. So verschaffen Sie sich ein Bild des Reifegrads Ihrer Resilienzkultur und ihres Beitrags zum Umgang mit Bedrohungen.
Abschließende Gedanken
Zur Förderung einer Resilienzkultur in Ihrem Unternehmen müssen Resilienzfähigkeiten entsprechend den Unternehmenswerten entwickelt und korrekte Verhaltensweisen gefördert werden, um die Entwicklung von Resilienz zu ermöglichen. Dieser Kulturwandel kann durch den Einsatz innovativer Technologien und Tools in den Bereichen Personal- und Änderungsmanagement zur Entwicklung dieser Fähigkeiten beschleunigt werden. Durch die Festlegung von Reifekennzahlen und KPI zur quantitativen und qualitativen Messung dieser Fähigkeiten wiederum wird Ihr Unternehmen in die Lage versetzt, Maßnahmen zu ergreifen und nachhaltig positive Veränderungen anzustoßen.
Verfasst von
-
Roxane Bohin
Manager – Vereinigtes Königreich, London
Wavestone
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