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Nachhaltigkeit: Substanz statt grünem Anstrich

Veröffentlicht am 17. Januar 2024

  • Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit entwickelt sich zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor und Aushängeschild für Unternehmen. Der Druck von Kunden, Mitarbeitenden, Gesetzgebern und Investoren wächst und damit auch die Notwendigkeit, überzeugende Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln. Doch die praktische Umsetzung stellt viele Branchen vor große Herausforderungen. Oberflächliche Nachhaltigkeitsversprechen reichen längst nicht mehr aus – gefragt sind authentische und fundierte Konzepte, die messbare Ergebnisse liefern. Denn die Gefahr des Greenwashing ist real.

Nachhaltigkeit ist zu einem zentralen Erfolgsfaktor in der Wirtschaft geworden. Immer mehr Unternehmen präsentieren sich mit nachhaltigen Wirtschaftspraktiken, fairer Produktion und ökologisch gekennzeichneten Produkten und Dienstleistungen. Darüber hinaus demonstrieren sie ihre gesellschaftliche Verantwortung durch eigens konzipierte CSR-Projekte. Diese Entwicklung entspricht den steigenden Erwartungen der Kundinnen und Kunden: Vor allem die jüngere Generation fordert authentisches nachhaltiges Engagement und ist bereit, ihre Konsumentscheidungen und ihre Arbeitgeberwahl danach auszurichten. Für Unternehmen bedeutet dies einen wachsenden Handlungsdruck, ihre Nachhaltigkeitsversprechen und ihre gesellschaftliche Verantwortung konkret unter Beweis zu stellen.

Die Realität zeigt jedoch ein differenzierteres Bild: Viele Unternehmen können ihr Geschäftsmodell nicht ohne weiteres an diese Anforderungen anpassen. Eine Umfrage der Personalberatung Russell Reynolds unter deutschen Vorständen belegt diese Diskrepanz: 46 Prozent der Befragten verfolgen Nachhaltigkeitsmaßnahmen primär aus Marketinggesichtspunkten – sei es für ein besseres Image oder zur Differenzierung vom Wettbewerb. Nur 15 Prozent der Vorstände sehen in Nachhaltigkeit einen Hebel zur Steigerung der Wertschöpfung. Die Versuchung ist groß, sich auf oberflächliches Greenwashing zu beschränken. Diese Strategie birgt jedoch erhebliche Risiken, da kritische Stakeholder oberflächliche Nachhaltigkeitsversprechen schnell durchschauen.

ESG steht für Environmental Social Governance. Dabei handelt es sich um eine im Jahre 2006 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Initiative zur freiwilligen Selbstverpflichtung bezüglich der Integration von ESG-Faktoren in Investment-entscheidungen und in das Management von Assets, welche sich durch die Unterschrift der Prinzipien manifestiert.

Unternehmen, in deren DNA nachhaltiges Handeln noch nicht verankert ist, sollten sich einem ernstgemeinten Prozess unterziehen, bevor sie mit Nachhaltigkeit werben.

Jan-Hendrik Uhlenberg

Nachhaltigkeit in der Unternehmens-DNA verankern

Negativbeispiele für Greenwashing finden sich nach wie vor in fast allen Branchen – von der Textilindustrie über Konsumgüter und Lebensmittel bis hin zu Anbietern von Finanzprodukten. Ob bewusst oder unbewusst: Die Versuchung, sich nachhaltiger zu geben, als man ist, ist nach wie vor groß.

Doch gerade Unternehmen, in deren DNA nachhaltiges Handeln noch nicht verankert ist, sollten standhaft bleiben und sich einem ernsthaften Prozess unterziehen, bevor sie mit ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit werben: Wo gibt es echte Potenziale für nachhaltigeres Handeln und wo wären die Abstriche zu groß? Ein erster Schritt kann sein, das eigene Unternehmen umweltfreundlicher aufzustellen – zum Beispiel, indem man den Mitarbeitenden statt eines Firmenwagens ein flexibles Mobilitätspaket anbietet. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Schauen wir uns exemplarisch drei Branchen an.

Nachhaltigkeit entwickelt sich zum Schlüsselfaktor bei Investitionsentscheidungen: Eine wachsende Zahl privater und institutioneller Anleger richtet ihre Investments an Nachhaltigkeitskriterien aus. Erhebungen der Fondsgesellschaft Union Investment belegen diesen Trend: Der Anteil der Großanleger, die nachhaltig investieren, stieg von 64 Prozent im Jahr 2017 auf heute 85 Prozent. Eine Umfrage des Bankenfachverbands zeigt zudem: Anleger achten verstärkt darauf, dass nicht nur die Investments selbst, sondern auch die anbietenden Unternehmen nachhaltige Klima- und Umweltschutzpraktiken implementieren.

Diese positive Entwicklung wirft die Frage nach der tatsächlichen Nachhaltigkeit von Finanzunternehmen und ihren Anlageprodukten auf. Die Europäische Union schafft hier mit der 2022 in Kraft getretenen Taxonomie-Verordnung des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums mehr Transparenz. Sie definiert sechs konkrete Bewertungskriterien, darunter Klimaschutz, Umweltschutz und die Transformation zur Kreislaufwirtschaft. Diese Kriterien bilden nun die verbindliche Grundlage für die Einstufung von Finanzprodukten als nachhaltig.

Die verstärkte Nachweispflicht über den Nachhaltigkeitsgrad von Investments stellt die Branche vor neue Herausforderungen. In Ermangelung einheitlicher Ratingstandards entwickeln Banken und Finanzdienstleister eigene ESG-Ratings. Diese sollen eine bessere Bewertung von Finanzprodukten gemäß individueller Kundenprofile sowie einen aussagekräftigen Produktvergleich ermöglichen. Gleichzeitig wächst der Druck auf Finanzinstitute, die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen transparent zu kommunizieren.

Die Transformation der Finanzbranche gewinnt damit weiter an Dynamik. Getrieben durch Politik, Aufsicht und Kundennachfrage übernimmt der Finanzsektor eine Schlüsselrolle beim Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Für Banken, die Nachhaltigkeit frühzeitig und authentisch in ihrer Unternehmensstrategie verankern, eröffnet dies Differenzierungspotenziale und Zugänge zu neuen, vorwiegend jungen Zielgruppen.

Geschäftsmodell grundlegend auf den Prüfstand stellen

Der gesellschaftliche Wertewandel hin zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit ist branchenübergreifend spürbar und wird durch die steigende Nachfrage kontinuierlich verstärkt. Für Unternehmen bietet diese Entwicklung die Chance, ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern – durch die konsequente Integration von Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit und Verantwortung in ihr Handeln. Oberflächliche Nachhaltigkeitsversprechen sind dabei keine Option.

Eine authentische Nachhaltigkeitstransformation erfordert eine grundlegende Überprüfung des Geschäftsmodells und der Unternehmensstrategie. Dabei gilt es, realistische Handlungsspielräume zu identifizieren und sorgfältig abzuwägen: Wo lassen sich Nachhaltigkeitsziele mit Effizienz und Kundenorientierung in Einklang bringen? Welchen messbaren ökonomischen, ökologischen und sozialen Mehrwert können die Maßnahmen schaffen? Wir unterstützen Sie bei dieser wichtigen strategischen Neuausrichtung!

Verfasst von

  • Jan-Hendrik Uhlenberg

    Partner – Deutschland, Hamburg

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